MAM Competence Center, Großhöflein

Zukunftsweisender Neubau


MAM Competence Center, Großhöflein

INNOCAD architecture, Graz


Bei dem Entwurf und der Umsetzung von Firmenzentralen ist es Architekten und Planern wichtig, sich mit der Identität der Unternehmen auseinanderzusetzen. Denn die Architektur des Gebäudes oder des Ensembles soll im Idealfall die Werte und Ziele, für die das Unternehmen steht, widerspiegeln. Zudem wird bei der Planung und Gestaltung des Arbeitsplatzes mittlerweile ein großer Wert auf die Möglichkeit zur individuellen Anpassung gelegt. Büroflächen können dadurch schnell verändert und flexibel Großraum- oder Einzelbüros geschaffen werden. Auch die Aufenthaltsqualität und Arbeitseffizienz rückt mehr in den Vordergrund. Dabei wird der Tatsache, dass Arbeitnehmer ein großen Teil ihrer Zeit am Arbeitsplatz verbringen, mit der Realisierung eines angenehmen Arbeitsumfeldes Rechnung getragen. Um die Kommunikation und die Ergebnisorientierung zu fördern, werden Zonen für den persönlichen Austausch geschaffen. Neben der Steigerung der Arbeitseffizienz steht bei der Innengestaltung ebenfalls die Förderung des gesundheitlichen Wohlbefindens der Mitarbeiter im Fokus. Dazu fließen ganzheitliche Designansätze bei den Innenraumkonzepten ein. Auch eine ökologische Bauweise und eine nachhaltige Bewirtschaftung gewinnt bei den Unternehmen weiter an Bedeutung, um die eigene Zukunftsfähigkeit zu steigern und Ressourcen bestmöglich zu schonen. Seit der österreichische Babyartikel-Hersteller MAM im Jahr 1976 gegründet wurde, widmet sich das Unternehmen dem Wohlbefinden sowie der Gesundheit und Sicherheit von Babys. Die Produkte werden mit äußerster Sorgfalt hergestellt, um Funktionalität, ansprechendes Design und hohe Produktsicherheitsstandards miteinander zu verbinden. Dem Familienunternehmen liegt das Interesse an nachhaltigen Babyprodukten und verantwortungsbewusstem Handeln besonders am Herzen. Im Dezember 2021 ist in Großhöflein ein Neubau des MAM Competence Center fertiggestellt worden. MAM gleicht als Unternehmen einem wachsenden Organismus, folglich soll dessen neues Forschungs- und Entwicklungszentrum sich ebenso über die Jahre an den steigenden Platzbedarf anpassen. Dieser komplexen Aufgabenstellung des organischen Wachstums antwortet das architektonische Konzept vom Büro INNOCAD architecture mit dem Prinzip der Zellteilung. Ausgehend vom ersten Bauabschnitt, der aus drei kreisförmigen ineinander-greifenden Baukörpern (Zellen) besteht, spalten sich bis zum fünfteiligen Endausbau immer neue Segmente mit ähnlicher programmatischer (genetischer) Information ab, die mit ihren Vorgängern verbunden bleiben. Daraus entsteht ein organisches, wachsendes Gebäude, in dem die jeweiligen Bauphasen ineinander übergreifen und jeder Teil in sich funktioniert, aber vom jeweilig anderen profitiert.

ARCHITEKTONISCHES KONZEPT

Aus städtebaulicher Sicht fügen sich die dem Geländeverlauf folgenden Volumina des Neubaus behutsam in die hügelige Landschaft ein. Die beweglichen, Bronze-eloxierten und perforierten Aluminiumlamellen der Fassade sowie die übergrünten Dächer folgen der Intension der Einfügung in die Landschaft. Dieses holistische Projekt vereint das Wissen der Architekten von INNOCAD zum Thema menschen-fokussiertem Design, das durch jahrelange Analyse, Recherche sowie die transdisziplinäre Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Experten erarbeitet wurde. Diese Erkenntnisse und der inhaltliche Grundsatz, den Menschen mit seinen psychologischen, physiologischen, kognitiven und sozialen Bedürfnissen in den Mittelpunkt zu stellen, sind in den demokratischen Entwurf eingeflossen, der jedem Mitarbeiter, egal wo er sich im Gebäude befindet, die gleiche räumliche Qualität sowie Zugang zu Tageslicht ermöglicht. Zudem inkludiert die architektonische Gestaltung die forschungsbasierten Strategien des Biophilic Design aus der von Terrapin Bright Green publizierten Studie „14 Patterns of Biophilic Design“, die durch natürliche Materialien, dynamischem und diffusem Licht sowie einer optimierten Akustik in der Ganzheit einen fließenden organischen Lebens- und Handlungsraum entstehen lassen.


ZENTRALES ATRIUM

Den sogenannten Zellkern der Gebäude bildet ein zweigeschossiger Atrium-Wintergarten, der mit seinem glashausartigen Dach und den positionierten Pflanzen den Mitarbeitern einen Hybrid aus Außen- sowie Innenraum bietet. Gleichzeitig gewährleistet dieser witterungsgeschützte Bereich eine natürliche Belichtung der tiefen Baukörper und eine räumliche Verbindung zwischen den Etagen. Rund um das Atrium sind die sogenannten Kernzonen mit Besprechungs- und Serviceflächen angeordnet, danach folgen offene Kommunikationsbereiche mit temporären Arbeitsmöglichkeiten und entlang der Außenfassade die Arbeitsplätze mit ihren Fokusboxen als Rückzugs- sowie Konzentrationsräume. Ein einziger Erschließungsring verbindet alle Gebäudeteile und schafft sowohl in Bezug auf das Volumen als auch auf die Erschließung ein hocheffizientes System. Durch die kreisförmigen Baukörper und deren Verschränkungen über alle Stockwerke ergibt sich eine einzigartige, dynamische Wegeführung, die körperliche Aktivität fördert und auch auf kognitiver sowie kommunikativer Ebene eine Abwechslung darstellt. Das Gebäudelayout sowie die Distanzen basieren auf dem menschlichen Maßstab und die primären Wege mit ihrem zirkularen Aufbau entsprechen einem natürlichen Mobilitäts-Flow. Der mäanderartige Aufbau resultiert aus dem menschlichen Bedürfnis nach einer Balance aus Übersichtlichkeit und Großzügigkeit als auch Rückzug und Sicherheit. Auch das Innenraumkonzept wirkt sich durch die vielfältigen Biophilie-Interventionen positiv auf das Wohlbefinden aus, so unterstützen zum Beispiel die wissenschaftlich fundierten fraktalen Muster des textilen Bodens stressreduzierende Mechanismen im Körper und die Dachgärten mit Outdoor-Arbeitsplätzen ermöglichen eine weitere Verbindung mit der Natur.

NAHHALTIGE BWIRTSCHAFTUNG

Der gesamte Energiebedarf für Heizung sowie Kühlung wird aus erneuerbaren Energiequellen gespeist und die kompakte zylindrische Form des Gebäudes mit großem Volumen bei kleiner Oberfläche trägt zur Energieeffizienz bei. Die sensorgesteuerte Lamellenfassade reagiert automatisch auf den Sonnenstand, schützt vor Wärmeeintrag im Sommer und generiert im Winter durch das raumhohe Fensterband passivsolare Wärmegewinne. Das ganzheitliche Gebäude-Konzept des MAM Competence Center steigert als inspirierende, innovative gebaute Identität nicht nur das menschliche Wohlbefinden und transportiert die Wertvorstellung des Unternehmers, sondern leistet darüber hinaus einen nachhaltigen Beitrag für eine bessere Zukunft.


INNOCAD ARCHITECTURE

Das Architekturbüro INNOCAD wurde 1999 von Martin Lesjak und Peter Schwaiger in Graz, Österreich gegründet und verwirklicht seither zahlreiche Architektur- und Innenarchitekturprojekte in den Bereichen Büro, Wohnen, Bildungseinrichtungen, Gesundheitswesen, sowie Hotel, Gastronomie, Shop-, Messe- und Ausstellungsdesign. Um Lösungen mit funktionalem und emotionalem Mehrwert zu kreieren, entwickelte das Team eine pragmatische, analytische sowie unkonventionelle Herangehensweise in ihren Konzepten und ist für ihr „out of the box“ Denken international etabliert. Der Fokus liegt hauptsächlich auf der Qualität und Relevanz der Arbeiten mit der Verantwortung eine ganzheitliche Vision zu verfolgen. Durch die transdisziplinäre Arbeitsphilosophie sowie Infrastruktur ist ein fließender Übergang zwischen den verschiedenen Kreativbereichen in ihrem Schaffen präsent.

Projektinformationen

Objekt: MAM Competence Center, Großhöflein

Architekten: INNOCAD architecture, Graz
(www.innocad.at)

Fotos: Paul Ott


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