Rathaus und Kulturhaus in Prettau

Einheitlicher Entwurf


Rathaus und Kulturhaus in Prettau

Stifter + Bachmann, Pfalzen


Für den Bau und die Gestaltung von öffentlichen Gebäuden der Gemeinde- oder Stadtverwaltung sind Bürgernähe, Servicequalität, Mitarbeiterfreundlichkeit und Wirtschaftlichkeit wichtige Kriterien. Die Neubauten entstehen in der Regel an zentralen Orten und sollen sich in die bestehende Bebauung einfügen. Aber manchmal sollen sie auch einen neuen markanten Bezugspunkt bilden, dann entwerfen die Architektinnen und Architekten ein Gebäude, das von der bebauten Umgebung abweicht und sich dominant einfügt. Im Jahre 2016 hat die Gemeinde Prettau einen EU-weiten Dienstleistungswettbewerb zur Neuerrichtung des Rathauses, sowie eines Kultursaales mit Vereinsräumen ausgeschrieben. Eine vorausgegangene Machbarkeitsstudie hatte gezeigt, dass eine Sanierung der bestehenden Bausubstanz mit Rathaus und Kultursaal weder aus funktionaler und technischer Sicht, noch in einem wirtschaftlich annehmbaren Rahmen umsetzbar sein wird. Auch sollte zukünftig der heute im 1. Obergeschoss befindliche Mehrzwecksaal unbedingt auf dem Niveau des Erdgeschosses mit direktem Zugang zum Dorfplatz angeordnet werden. Dabei überzeugte der Entwurf der Architektin Angelika Bachmann und des Architekten Helmut Stifter (Stifter + Bachmann) die Bauherrschaft am meisten. Im November 2022 konnte der letzte Bauabschnitt fertiggestellt werden. Entstanden ist ein markanter Baukörper, der sowohl die Gemeindeverwaltung als auch verschiedene Einrichtungen des Dorflebens inklusive des großzügigen Kultursaals aufnimmt. Der Neubau wird somit zum gemeinschaftsfördernden Treffpunkt und zum administrativen Anlaufpunkt für die Bürger von Prettau.

DER RICHTIGE STANDORT

Am Beginn der Projektierung stellte sich zunächst die Frage nach dem richtigen Standort und Umfang der ersten Bauetappe. Sollten Rathaus und Kultursaal gemeinsam an der Stelle des heutigen Bestandes oder eventuell als zwei getrennte Gebäude an zwei unterschiedlichen Bauplätzen errichtet werden? Auch die Umnutzung eines denkmalgeschützten Altbaus stand zur Disposition. Letztendlich entschied man sich unter anderem aufgrund relevanter Einsparungen an Baukosten und Infrastrukturinvestitionen für die kompakte und gesamtheitliche Variante mit Rathaus und Kultursaal am bestehenden Standort vereint.


KOMPLEXE HERAUSFORDERUNG

Wesentliche Anforderungen zum Start der Planung betrafen die gemeinsame Nutzung des bestehenden Aufzuges samt Erschließungstreppe des benachbarten Feuerwehrgebäudes, die Umsetzung des Bauvorhabens in zwei Bauphasen, den Erhalt des alten Rathauses im ersten Bauabschnitt mit Parallelbetrieb der Ämter bei laufender Baustelle und damit verbunden das Vermeiden einer Aussiedelung der Nutzungen im alten Rathaus. Diese einzuhaltenden Rahmenbedingungen – zusammen mit dem sehr beengten Bauplatz zwischen Landesstraße, angrenzendem Feuerwehrgebäude und Dorfplatz und der heiklen Grundwassersituation – ließen das Projekt zu einer sehr komplexen Herausforderung für die Verwaltung und das Planungsteam werden.


TRANSPARENTE ERSCHEINUNG

Trotz der Umsetzung in zwei Bauphasen war es allen Beteiligten wichtig, dass sich das Projekt als einheitlicher Entwurf und als ein einziger, zusammenhängender Baukörper präsentieren würde. Der Neubau differenziert sich in seiner Gestaltung deutlich vom benachbarten Funktionsgebäude der Feuerwehr und zeigt sich selbstbewusst und eindeutig als öffentliches Gebäude. Dabei öffnet sich der Neubau an drei Seiten großzügig mit verglasten Eingangsbereichen und Foyer zum Dorf und dem vorgelagerten Dorfplatz. Beide Nutzungen von Rathaus und Kultursaal werden im Erdgeschoss erschlossen. Das Herz des Gebäudekomplexes bildet der über zwei Geschosse reichende Saal mit Bühne, während sich die Nutzungen des Rathauses und die Nebenräume für den Kultursaal wie eine Schale rund um den Saal legen. Die Eingangs- und Foyerbereiche sind den Hauptnutzungen wie transparente Schaufenster vorgelagert und machen die Aktivitäten im Gebäude jederzeit zur Dorfseite sichtbar. Die spezielle Gebäudegeometrie mit den geknickten Fassaden und Traufkanten vermeidet lange Gebäudefluchten und lässt das Gebäudevolumen viel kleiner erscheinen. Teilweise lösen Glasflächen die Fassaden fast auf und in Richtung Dorfplatz nimmt die Höhenentwicklung des Baukörpers stark ab, um sich dort dem menschlichen Maßstab anzunähern und eine gute Belichtung des Platzes zu ermöglichen.

WEITERE NUTZUNGEN

Neben dem Rathaus mit Gemeindearchiv und dem Dorfsaal für 170 Besucher wurden im Projekt zudem Räume für den Theaterverein, ein Jugendraum, ein Schießstand, Räumlichkeiten für die Schützenkompanie, eine gemeinsame Küche und verschiedene Nebenräume eingeplant. Dadurch wird eine bürgernahe und gemeinschaftsbildende Gemeindeverwaltung geschaffen.


NACHHALTIGE BEWIRTSCHAFTUNG

Bei öffentlichen Gebäuden liegt bei der Planung der Fokus auch auf eine nachhaltige Bewirtschaftung des Gebäudes, da neben potenziellen Einsparungen Bauvorhaben der öffentlichen Hand einen gewissen Vorbildcharakter haben sollten. Aus energetischer Sicht bilden die Versorgung mit gemeindeeigener Fernwärme, eine neue Photovoltaikanlage, Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung, sowie die qualitativ hochwertige Umsetzung des Projekts mit Standard Klimahaus-A die wesentlichen Standbeine. Mit großer Sorgfalt und in Abstimmung mit den Nutzern wurden in Planung und Ausführung auch alle Anforderungen an die Raumakustik und Bühnentechnik bearbeitet.

Projektinformationen

Objekt: Rathaus und Kulturhaus in Prettau

Architekten: Stifter + Bachmann, Pfalzen
(www.stifter-bachmann.com)

Fotos: Oliver Jaist


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